Die Krise stresst – nicht das Kind

Blog Selbstfürsorge

Warum es so wichtig ist, dass wir gut für uns sorgen

Tipps für Deine Selbstfürsorge in stressigen Zeiten. Me-Time ist dann umso wichtiger. So wie Du im Flugzeug zuerst Deine Sauerstoffmaske montierst und dann die für Dein Kind, musst Du auch betreffend Energie zuerst für Dich gut sorgen. Nur so kannst Du gut für Dein Kind da sein.

Von Maya Risch

Wir alle sind von der Coronakrise betroffen und es ist vermutlich für uns alle eine grosse Herausforderung oder gar ein enormer Stress, uns mit der neuen Situation abzufinden und uns darin neu zu organisieren. Die massiven Einschränkungen unserer Bewegungsfreiheit, die zusätzlichen Belastungen wie Homeoffice und Homeschooling, wegfallende Grosseltern oder andere Betreuungsangebote und die Unsicherheit oder Angst vor den kommenden Wochen fordern uns auf verschiedenen Ebenen stark.

Zudem sind wir weiterhin für die Atmosphäre in unserer Familie verantwortlich. Die Kinder sind wie immer – laut, lustig, fordernd, sie streiten sich und wollen unsere Aufmerksamkeit haben. Genau darum ist in diesen Tagen Selbstfürsorge ungemein wichtig.

Mit Selbstfürsorge ist gemeint, dass wir in dieser Krise so handeln müssen wie im Flugzeug, wenn ein Notszenario eintritt. Dort werden wir dazu aufgefordert, zuerst uns selbst die Sauerstoffmaske anzulegen, damit wir handlungsfähig bleiben, und erst dann unsere Kinder mit einer eben solchen zu versehen.

Warum es so wichtig ist,
dass wir Eltern gut für uns sorgen

Wenn wir jetzt nicht gut auf unsere eigenen Bedürfnisse achten und uns nicht kleine Inseln der Ruhe oder Bewegung schaffen, passiert es sehr schnell – meistens am Abend, wenn alle müde sind –, dass wir, weil wir Stress haben, die Kinder anschreien, sie abwerten oder grob werden. Das ist ihnen gegenüber nicht fair, das wissen wir. Denn auch sie erbringen zur Zeit grosse Anpassungsleistungen und verstehen vieles nicht so ganz. Nur nützt uns dieses Wissen nicht viel, wenn unser Energietank leer ist und das Verhalten der Kinder an unseren Nerven zerrt, wie das eben vorkommt – besonders jetzt.

Um am Abend noch über Energiereserven zu verfügen, müssen wir tagsüber gut auf unser Wohlbefinden achten. Einerseits können wir unsere Erwartungen herunterschrauben und uns überlegen, was wir weglassen können. Dabei überlege ich mir jeweils, was passieren würde, wenn diese Erwartung gerade nicht erfüllt würde. Meistens ist die Antwort – eigentlich nichts. Und andererseits können wir uns selber immer mal wieder etwas Raum geben, indem wir für uns zumindest Minipausen schaffen und – wenn möglich – auch eine längere Pause einbauen.

Uns selbst immer wieder etwas Gutes zu tun, hilft dabei, unseren Energietank immer wieder nachzufüllen, sodass wir weniger schnell «ausrasten». So sorgen wir dafür, dass unsere Beziehungen gesund bleiben und wir unseren Krisenstress nicht an den Kindern auslassen.

Wie geht Selbstfürsorge?

Folgende und ähnliche Fragen sollten wir uns regelmässig stellen und nach Antworten darauf suchen. Wie tanke ich auf? Was tut mir gut? Was tut mir nicht gut? Was kann ich Gutes für mich tun, hier in der Wohnung oder rund um den Wohnblock? Wohin kann ich mich zurückziehen? Wie kann ich etwas Raum für mich schaffen? Ich habe z.B. einen bequemen Stuhl in unser Schlafzimmer gestellt, damit ich dort zwischendurch in Ruhe etwas lesen oder telefonieren kann. Als Nächstes will ich mir eine Online-Yogastunde gönnen. Wobei ich das Glück habe, dass meine Kinder schon etwas älter sind und ich sie problemlos für eine Weile alleine lassen kann.

Ideen für die Selbstfürsorge und für achtsame Minipausen im Familienalltag

  • kurz auf den Balkon gehen, den Fokus auf unseren Atem richten und den Frühling einatmen.
  • jeden Morgen den Baum vor dem Fenster betrachten, mit den Augen auf etwas Schönem verweilen – die Veränderung in der Natur wahrnehmen.
  • etwas kochen, das MIR gut schmeckt
  • beobachten, wie viele Nachrichten betreffend Corona ich ertrage, und diese entsprechend dosieren
  • wenn die Kinder spielen, Pause machen, statt alles zu erledigen, was noch zu tun ist
  • den Partner, die Partnerin umarmen
  • den Partner, die Partnerin bei Bedarf um Hilfe bitten (kurze Pause, Unterstützung im Haushalt, Kind im Wutanfall begleiten)
  • Bewegung mit oder ohne Kind einbauen (kurze Atemübung, 10-Liegestützen, 1min Planking, tanzen zu Musik)
  • sich zum Kind auf den Boden legen und strecken
  • ins Auto sitzen und in Ruhe 10 Minuten lesen
  • zwei Minuten länger als nötig auf dem WC sitzen bleiben, ganz allein
  • 30 Minuten lang einen Gehörschutz (Oropax) anziehen
  • 50 Meter in Zeitlupe gehen und dabei jede kleine Bewegung wahrnehmen (achtsames Gehen)
  • Dem Kaffee zuschauen, wie er aus der Maschine fliesst
  • Die Hand aufs Herz legen und die Hand wahrnehmen
  • 5 Minuten aufs Bett legen, durchatmen und nichts tun
  • Den eigenen Körper abklopfen von oben bis unten – so die Körpergrenzen wahrnehmen

Was hindert uns daran, gut für uns selbst zu sorgen?

  • Das Gefühl, keine Zeit dafür zu haben.
  • «Ich muss noch…»
  • Handy und Computer
  • Wir vergessen, dass wir eine Pause machen können und dürfen.
  • Vielleicht erleben wir Pausen als unangenehm, weil dann Unruhe aufkommt, und wir werden von vielen Gedanken überfallen
  • Möglicherweise kommen Fragen auf, was wir wert sind, wenn wir gerade nichts leisten.
  • Manchmal mischen sich vielleicht Stimmen ein, die sagen: “Du bist faul, egoistisch etc.“

Vielleicht sagen Sie jetzt «Mein Kind lässt mich nicht». Dann möchte ich Ihnen Mut machen, sich dafür stark zu machen – für Ihre Pausen. Kinder können lernen, kurz zu warten, 1-5min auf jeden Fall. Vielleicht brauchen sie etwas Übung darin und klare Signale, dass uns die Pause wichtig ist.

Dieser Text von mir ist im März in der Onlinezeitschrift www.familienleben.ch erschienen

Mit einem Klick auf den Titel kannst Du den Artikel als PDF deownloaden.

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